Innenpolitiker versprechen weitere Stärkung der Polizei
Die größte Übereinstimmung gab es bei der personellen Stärkung der Polizei. „Alle wollen die hohen Einstellungszahlen erhalten. Das ist alternativlos“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Marc Lürbke. „Es muss einen tatsächlichen Nettozuwachs geben“, ergänzte sein SPD-Kollege Hartmut Ganzke und nannte die Zielvorgabe von 45 000 – 50 000 Polizistinnen und Polizisten für NRW.
Auch die Zahl der Tarifbeschäftigten soll nach den Vorstellungen der Innenpolitiker weiter steigen – aber nicht als Ersatz für die Polizeivollzugsbeamten, sondern zu deren fachlicher Unterstützung. „Dass Tarifbeschäftigte in Polizeiuniformen gesteckt werden und dann Polizeiaufgaben übernehmen, wollen wir definitiv nicht“, stellte der innenpolitische Sprecher der CDU Dr. Christos Katzidis klar. In der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode hatte es entsprechende Überlegungen vor allem in Bezug auf das Polizeigewahrsam gegeben, was zu heftigem Widerspruch der GdP geführt hat.
Marc Lürbke erinnerte in der Diskussion zudem daran, dass die schwarz-gelbe Landesregierung in den letzten fünf Jahren auch deshalb 2500 zusätzliche Stellen im Tarifbereich geschaffen hat, um sofort zu einer Entlastung für die Polizistinnen und Polizisten zu kommen. Ihre Zahl soll nach den Vorstellungen der Innenpolitiker in den nächsten Jahren weiter steigen, verbunden mit einer besseren Bezahlung für ausgewiesene Experten. „Wir können keine Gehälter anbieten, die in der freien Wirtschaft nur ein Husten auslösen“, erklärte Hartmut Ganzke. „Spezialisten im Tarifbereich müssen in den höheren Dienst aufsteigen können“, forderte Christos Katzidis.
GdP-Landesvorsitzender Michael Mertens stellte in der Diskussion noch einmal die Position der GdP klar. Die zusätzlichen Stellen im Tarifbereich werden von der GdP ausdrücklich begrüßt. „Aber es geht nicht nur um Masse, sondern auch um Klasse. Dazu gehören eine gute Bezahlung, um den Heldenklau zu verhindern, vernünftige Arbeitsplätze und eine Schutzausstattung“.
Verringerung der überlangen Arbeitszeit
Spannend war auch die Diskussion über die überlange Arbeitszeit bei der Polizei. In seinem Eingangsstatement zu dem Themenblock erinnerte Landesvorsitzender Michael Mertens daran, dass es bei der Polizei früher eine 38,5-Stunden-Woche gab. Finanziert auch über einen Gehaltsverzicht der Beschäftigten. 2003 ist die Arbeitszeit der Beamten in NRW von der damaligen rot-grünen Landesregierung einseitig auf 41 Stunden erhöht worden. Angeblich als temporäre Maßnahme. Auch mehrere Regierungswechsel haben daran bislang nichts geändert. Die GdP fordert deshalb, dass die Arbeitszeit der Beamten in einem ersten Schritt auf 39:50 Stunden reduziert wird, wie das bei den Tarifbeschäftigten gilt. Danach muss eine weitere Arbeitszeitverkürzung für die Beamten und die Tarifbeschäftigten folgen.
Dass hier massiver Handlungsbedarf besteht, wissen auch die Politiker. Hartmut Ganzke hat sich auf der GdP-Veranstaltung dafür ausgesprochen, dass die Arbeitszeit der Beamten in der nächsten Legislaturperiode schrittweise zurückzugefahren wird. Christos Katzidis bezeichnete es als frustrierend, dass die eigene Landesregierung sogar eine freiwillige Verlängerung der Wochenarbeitszeit ins Gespräch gebracht hat. Verena Schäffer, die innenpolitische Sprecherin der Grünen, wurde noch deutlicher: „Die Regierung hat bei der Attraktivitätsoffensive für den öffentlichen Dienst gepatzt!“, sagte sie. Dass die Landesregierung trotz massiver Steuermehreinnahmen nicht an eine Reduzierung der 41-Stunden-Woche gegangen ist, sei ein Fehler!
Zulagen sollen erhöht werden
Auch bei der Forderung der GdP, die zum Teil schon seit 20 Jahren nicht mehr erhöhten Zulagen endlich auf ein akzeptables Niveau zu bringen und in Zukunft bei den Besoldungserhöhungen im gleichen Umfang zu erhöhen, gaben sich die Innenpolitiker selbstkritisch. Am weitesten gingen dabei die beiden derzeitigen Oppositionsparteien: Das Zulagenwesen müsse grundsätzlich angepasst und die Zulagen in Zukunft dynamisiert werden, sagte Verena Schäffer. Und Hartmut Ganzke antwortete auf die Frage, ob die Zulagen nicht angepasst werden müssen, mit einem schlichten aber klaren Ja!
Bewegung beim Deckelungsbeschluss
Auch bei der Langzeitforderung der GdP nach Aufhebung des Deckelungsbeschlusses, durch den die Zahl der Spitzenfunktionen im gehobenen Dienst seit zwei Jahrzehnten künstlich auf dem damals erreichten Stand eingefroren worden sind, gibt es Bewegung. „Eine Aufhebung des Deckelungsbeschlusses brauchen wir. Wir graben uns selbst das Wasser ab, wenn wir das nicht tun“, sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke.“ Und Verena Schäffer erinnerte daran, dass Fachkarrieren bei der Polizei absolut wichtig sind, vor allem bei der Kripo. Deshalb sei die Aufhebung des Deckelungsbeschlusses absolut wichtig.
Keine Übereinstimmung bei der Organisationsstruktur
Spannend war die Diskussionsrunde, zu der im zweiten Teil aus dem Saal und über das Internet Fragen an die Innenpolitiker gestellt werden konnten, auch bei strittigen Themen. Neben der Forderung der Grünen nach einer Wiedereinführung der Kennzeichnungspflicht und einer Abschaffung des Tasers gehörte dazu vor allem die Organisationsstruktur der Polizei. Die Grünen drängen schon seit langem darauf, dass die Zahl der Kreispolizeibehörden in NRW reduziert wird. Auf der Podiumsdiskussion der GdP bekamen sie dazu von den Vertretern der anderen drei Parteien eine deutliche Absage.
Mitschnitt im Internet
Mitschnitt der Diskussionsrunde der GdP mit den innenpolitischen Sprechern von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen
am 03.03.2022 in Essen