Unseriöse und tendenziöse Berichterstattung des Bonner Generalanzeigers über einen Polizeieinsatz

Offener Brief an den Chefredakteur des Bonner Generalanzeigers

Sehr geehrter Herr Matthiesen,

ich schreibe Ihnen heute in meiner Funktion als Personalratsvorsitzender der Bonner Polizei und als stellvertretender Kreisgruppenvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Bonn.

Das erste Mal sehe ich mich veranlasst, mich über einen Journalisten und die undifferenzierte Berichterstattung des Bonner Generalanzeigers zu beschweren.

Ich vertrete die Ansicht, dass die Medien in unserem Land eine extrem wichtige Rolle für unsere freie Gesellschaft spielen und erkenne selbstverständlich an, dass Fehlverhalten der Polizei stets thematisiert werden muss. Das ist auch für die Polizei ein wichtiger Prozess und dient der Selbstreflektion. Bei dem Verdacht einer Straftat wird immer eine Anzeige gefertigt und der Justiz vorgelegt. Das ist selbstverständlich und dazu gibt es keine zwei Meinungen.

Was ich aber gestern, am 22.03.2022, in ihrer Zeitung lesen musste, kann ich nicht unkommentiert lassen.

Ich denke der Sachverhalt ist Ihnen bekannt.

Nach unseren Erkenntnissen schritten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte am 10.03.2022, gegen 20:21 Uhr, gegen einen Mann ein, der zuvor einen älteren Herrn mehrfach in das Gesicht getreten und geschlagen hatte, weil dieser ihm nichts von seiner Pizza abgeben wollte. Der Schläger war stark alkoholisiert und kam den Anweisungen der eingesetzten Polizisten nicht nach. Vielmehr ging er auf eine Beamtin zu. Daraufhin brachte ihn ein Beamter mit einem Griff zum Kopf zu Boden und fixiert ihn mit seinem Knie auf dem Kopf.

Ich möchte gar nicht darauf eingehen, dass es sich hierbei um eine normale Einsatztechnik handelt.

Wo ist hier unangemessene Gewalt zu erkennen?

Wurde der Mann geschlagen? Ist er verletzt? Benötigte der Mann einen Arzt? Hat er die Beamtinnen und Beamten angezeigt? Sieht man die Szene, die zeitlich vor dem zweiten zu Boden bringen stattfindet und die eventuell die Maßnahme erklärt?

Was Sie da sehen ist eine ganz normale Zwangsanwendung, wie sie in allen Städten in Deutschland jeden Tag gegen alkoholisierte, gewalttätige Menschen durchgeführt wird. Worauf hätten die eingesetzten Polizisten warten sollen? Bis der Mann bei der Beamtin angelangt ist und ihr gegenüber Gewalt anwendet?

Der Sachverhalt und das Video der uns unbekannten Zeugin befinden sich derzeit zur Prüfung bei der Staatsanwaltschaft Bonn. Zur Expertise Ihrer bemühten Fachanwälte für Strafrecht sage ich nichts. Es bleibt abzuwarten, ob die Justiz den Anfangsverdacht einer Straftat sieht.

Das ist meine Betrachtung der Sachlage, um die geht es mir aber eigentlich nicht.

Was mich erschreckt, ist die Art und Weise, wie Ihre Zeitung hier recherchiert bzw. nicht recherchiert hat und wie deutlich und tendenziös von Polizeigewalt gesprochen wird.

Finden Sie es nicht seltsam, dass bei einem, wie von Herrn Baumann behaupteten, „Festnahme Exzess“, nicht mehr Filme in den sozialen Medien auftauchen? Ist es nicht komisch, dass es selbst nach mehr als 10 Tagen nur eine Zeugin gibt, die sich an die Presse wendet, dass keine Anzeige gegen die Beamtinnen und Beamten vorliegt? Auch nicht vom vermeintlichen Opfer der Polizeigewalt?

Herr Baumann behauptet, es handele sich um eine unnötig brachiale Festnahme. Woher weiß er das? Hat er Erfahrung mit Festnahmen von alkoholisierten Gewalttätern? Weiß Herr Baumann was es bedeutet, diesen Menschen gegenüber treten zu müssen? Herr Baumann behauptet weiter, dass solche Szenen geeignet seien, das Vertrauen der Bürger in die Bonner Polizei zu erschüttern. Wie kommt er darauf? Meiner Meinung nach verlangt der Bürger von der Polizei, stark alkoholisierte Gewalttäter, die in aller Öffentlichkeit andere Menschen zusammentreten in Gewahrsam zu nehmen. Ich denke, das konnten Sie auch auf ihrer eigenen Facebookseite lesen. In den Kommentaren von Lesern, die anderer Meinung als sie waren. Diese Kommentare wurden von ihnen sehr schnell gelöscht. Auch das lässt tief blicken!

Ist es eine seriöse Vorgehensweise, ein Video ohne jede weitere Bestätigung durch andere Quellen, das zudem nicht das gesamte Geschehen zeigt und geschnitten wurde, und das auch ihre Leser nicht sehen können um sich eine eigene Meinung bilden zu können, in dieser Art zu kommentieren? Sie ziehen nicht einen, nicht zwei sondern gleich drei Anwälte hinzu. Machen Sie das immer so oder geht es hier um den Versuch, einen schlecht recherchierten Artikel zu legitimieren?

Lapidar wird berichtet, dass der angegriffene Mann nach einer Behandlung durch einen Notarzt nur leicht verletzt seiner Wege ging. Falls Ihre Mitarbeiter es nicht wissen, Rettungskräfte und Polizei unterscheiden eine schwere Verletzung von einer leichten daran, ob der Verletzte stationär im Krankenhaus verbleibt. Wie fühlt sich wohl ein Mensch, der auf diese Art angegriffen wurde? Wird er sich noch mal in der Altstadt auf eine Bank setzen und eine Pizza essen? Wohl kaum.

Zu allem Überfluss sieht sich Herr Baumann berufen, unseren Polizeipräsidenten, Herrn Frank Hoever, einem Spitzenbeamten, der den Beruf eines Polizisten von der Pike auf gelernt hat und zudem ein honoriger Bonner Bürger ist, anzuraten, den Vorfall von einer anderen Polizeibehörde untersuchen zu lassen, wenn der Verdacht besteht, dass Beamte eine Straftat begangen haben.

Damit suggeriert er, dies sei unterlassen worden und er unterstellt der Bonner Polizei, es würde etwas unterdrückt. Dabei war es der Generalanzeiger, der das Video auch auf die ausdrückliche Bitte der Pressestelle nicht herausgeben wollte.

Auch ihr Artikel in gleicher Sache vom heutigen Tag erscheint als der untaugliche Versuch, eigene Defizite und Schnellschüsse ihrerseits zu überspielen.

 

Sehr geehrter Herr Matthiesen, ich möchte Ihnen mitteilen, dass sich der Vorstand der Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppe Bonn, in den nächsten Tagen mit Ihrer Berichterstattung befassen wird.

Es ist durchaus möglich, dass sich die GdP Bonn intensiver in ihren Auftritten in den sozialen Medien positionieren wird und eventuell auch den Presserat mit einbezieht.

Ich persönlich bin entsetzt über eine solche Berichterstattung und halte sie für höchst tendenziös und unprofessionell. Sollte die rechtliche Würdigung der Staatsanwaltschaft Bonn keinen Anfangsverdacht einer Straftat ergeben, erwarte ich eine Entschuldigung bei den zu Unrecht von ihnen beschuldigten Polizistinnen und Polizisten.

Um beim Sprachgebrauch von Herrn Baumann zu bleiben: Solche Berichterstattungen sind geeignet, das Vertrauen der Bürger in den Bonner Generalanzeiger zu erschüttern. Wie der Bonner Generalanzeiger dazu kommt, diese Maßnahme als „Festnahme Exzess“ einzustufen, wird auf ewig sein Geheimnis bleiben.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Frank Kreft

Personalratsvorsitzender der Bonner Polizei

Stellvertretender Vorsitzender der GdP Bonn